Nebengeschichten - Karvannors Volk
Nachdem die edlen Elben, die Arkaten und die Zwerge von Süd Ashran schon seit langem
hohe Kulturen aufgebaut hatten, wurde das Zweite der drei großen Völker erschaffen.
Die Marghour waren es, die die Mächte der Urgötter auf Erden vertreten sollten. So gaben
sich die Angion ihrem Werke hin, um aus ihm ein ehrenhaftes und glorreiches Gefolge zu
schaffen.
In den tiefen, heiligen Katakomben des Inkarnationstempels der Marghour versammelten sich
nun Holswor, Xanjene, Leorl, Rhembas und Jhidam. Die Wesen, die die Welt von Ashran und
allen übrigen Landen hervorgebracht hatten und seit Anbeginn der Zeit in dem Kosmos aller
Dinge weilten. Sie, die Urgötter, versammelten sich ein zweites mal, um einem neuen
Volksstamm das Leben zu schenken. Lange, sehr lange brauchte es, bis aus den vereinten
Gedanken der Angion feste Masse wurde und der Erste, den sie Karvannor nannten, erwachte
und sein Dasein auf Morhtrallorr begann.
So gleich begannen die fünf Götter damit Karvannor ihre Lehren beizubringen. Viel Zeit brauchten
sie zur Meditation. Für Karvannor war es eine anstrengende Zeit, denn beinahe alles Wissen der
Urgötter wurde ihm gelehrt. Doch so weiser war er nach seiner Schulung und bald wurde er auch in
die Mächte der Magie und Zauberei unterwiesen.
Nach langer Vorbereitung wurde nun das Volk
geschaffen, aus den Steinen von Okanndor, der Kristallader unter dem Tempel. Aus ihnen
wurden eine handvoll Menschen gemeißelt, zur einen Hälfte Frauen und zur anderen Männer. Die Angion
selbst vollbrachten diese Arbeit, nach ihren Vorstellungen und Ebenbildern wurden diese Statuen
gestaltet. Aus ihnen entsprangen schließlich vor Karvannors Augen die Menschen. Als die Angion
die Stätte verließen und sich von ihrem Schüler für immer verabschiedeten, begannen die Statuen sogleich
so zu wirken, als würden sie schwach leben.
Mehr und mehr bekam nun Karvannor den Eindruck, die kristallenen
Menschen würden leben und beginnen sich zu bewegen. So lange beobachtete Karvannor das Geschehen,
bis die behaunen Steine von Okanndor zu schmelzen und zu leuchten schienen, sodass die riesige
Halle komplett mit blauem Licht gefüllt wurde, in der er war.
"Nun ist es also so weit, die Menschen, die
ich zu meinen Schülern machen sollen, erwachen. Dank meinen Lehrern und Urvätern, die dieses
wertvolle Leben erschaffen hatten. Jetzt aber ist es meine Aufgabe, die Marghour anzuführen und
die Lehren der Angion an sie weiterzugeben", verkündete Karvannor mit ausgestreckten Armen den
Statuen von Okanndor. Voll gespannter Erwartungen war er, doch zugleich spürte er, dass ab
sofort eine schwere Verantwortung auf seinen Schultern lag und von seinem Handeln viel abhängig
war. Vor allem Leorl und Jhidam hatten fest an Karvannor gehalten und ihm seine
Bürde unter starkem Vertrauen aufgelegt.
Schwach verblasste das zuvor starke blaue Leuchten, der sich bewegenden, hablsteinernen Kreaturen.
Immer dunkler wurde das Gestein, bis die nackte helle Haut der Menschen zum Vorschein kam und von
den Skulpturen nur noch eine dünne, zerbröselte Oberfläche stehen blieb. Sie zerfielen nie vollständig,
für ewig weilten hier die Relikte, die von der Entstehung eines großen Volkes zeugten.
Etwas verstört und ohne Kleidung zwangen sich nun auch die letzten der neuen Menschen aus ihren
steinernen Hüllen und versammelten sich in der Mitte der mächtigen Halle. Dort fanden sie Kleidung,
die sie so gleich anzogen.
Ein langer Steg führte zum
Ende des Raumes, an dem der Thron von Karvannor stand. Dort war auch der einzige helle Lichtschein,
der jedoch kaum den prunkvollen Eingang der großen Thronhalle erreichte. An den Gemäuern links und
rechts standen sich die großen protzigen Statuenüberreste gegenüber. Schwarz und verkommen sahen sie
nun aus und nichts erinnerte mehr an ihren kurzweiligen wunderschönen Schein.
Der Rest der Halle, der von den Marghour später Maneoror genannt wurde, war aber immer noch unbearbeitet.
Auch all die anderen Katakomben, die tief unter den Böden der Wälder von Rufar-Angion lagen,
waren bisher von allen Geschöpfen der Welt unbeachtet geblieben. Nur das atemberaubende,
schöne Tor und dessen Rahmen war reich verziert. Güldene Farben überzogen die gesamten eingemeißelten,
schwungvollen Ornamente, die sich Karvannor einst ausgedacht hatte.
Als nun aber alle der wenigen Marghour vor Karvannor und dessen lichtumfluteten Thron standen, sagte
der Erste von ihnen: "Karvannor nannten sie mich, sie lehrten mich die Sprache, die Religion und die
Geschichte dieses Landes, in das ich und ihr hineingeboren wurdet. Ihr seid Teil des Ganzen und wurdet aus
den Vorstellungen ihrer erschaffen."
Gespannt und ohne auch nur ein Wort einzuwerfen hörte das neue
Volk seinem Anführer zu. Ein Teil, von dem, was Karvannor ihnen predigte, erfuhren sie schon vor ihrem
Erwachen. So konnten sie dem ersten der Marghour folgen und verstehen, was er sagte. Bekannt waren
ihnen die Angion, denn sie lehrten ihnen im Geiste die Sprache und wichtige Weisheiten des Lebens.
"Sie, von denen ich sprach, sind die Angion. Die Götter, die Schöpfer allen Lebens sind. Auch uns haben
sie das Glück des Lebens gebracht und so solltet ihr es auch behandeln. Als Gabe und Geschenk hier in
dieser Welt weilen zu dürfen," verkündete Karvannor. Er war schon etwas älter und tat sich schwer mit
seinen Worten alle Leute in der Halle zu erreichen.
Letztendlich verstanden aber alle der Marghour seine Rede, doch nicht alle schenkten ihm Vertrauen.
Fortsetzung folgt ...
Nebengeschichten - Lannkor der Barbar
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