Die Vandorian - I. Erzählung
Maroff wurde plötzlich aus seinem kurzen Schlaf gerissen, als einige nervenzerfetzende
Schreie aufhellten und in ein kaum hörbares Gewimmer überschlugen. Es waren
die Laute von jungen Orks, die gerade abgestochen wurden. Maroff eilte halbschlafend
aus seinem kleinem Zelt, um nachzusehen, was passiert war. Mitten in
der Nacht rannte er mit seinem Schwert in der Hand zum Ort des Geschehens,
wobei er kaum sehen konnte wo er hintrat. Nur der Mond und ein paar aufgestellte
Fackeln gaben ein notdürftiges Licht ab.
"Das waren nur ein paar Streicher,
die unsere Zelte plündern wollten", sagte ein junger stämmiger Mann,
der einer von ursprünglich 55 Soldaten in diesem Lager war, "ich war
auf Wache, als sie sich angeschlichen haben, da hab ich sie einfach
hinterrücks erschlagen." - "Ist schon gut, siehe nach, ob sich noch mehrere
von diesen Biestern hergetraut haben. Nimm aber eine zweite Wache mit",
erwiderte Maroff.
Maroff war der erste Befehlshabende des Trupps, er war ziemlich groß und
stämmig gebaut, wie es für Menschen aus dem Rhergogebirge üblich war.
Seine langen dunklen Haare reichten bis zu seinen Schultern, die von
dicken, mit Nieten versehnen, Rotlederschulterplatten geschützt waren.
Die gesamte Rüstung bestand aus einem Kettenhemd, darüber wurde der
Lederpanzer getragen. Maroff, dessen Gesicht eher kantig gewachsen war,
wurde dazu ausgesandt, die Landschaft für die Armee des Leorlbundes
abzusichern. Das Lager, in dem der Tregurtrupp untergebracht war, bestand
aus ein paar kleineren und größeren Zelten. Sie alle waren von einem kleinem Erdwall
umgeben. Eine Tregure bestand aus 55 Mann und war dafür bestimmt, den
Weg für die Hauptstreitmacht zu ebnen. Maroff, war einer von vielen,
der dazu bestimmt worden war eine Tregure zu befehligen. Der Trupp war
nun schon acht Tage unterwegs und musste schon jetzt mit heftigem Widerstand
der Orks fertig werden, obwohl der Süden weniger stark besiedelt war.
Als Maroff wieder ins Zelt ging schlief er sofort ein, jedoch hatte er
viele Probleme in seinem Kopf.
Am Morgen als er aufstand, war das erste,
was er hörte, dass einer der Wachen getötet wurde, die andere konnte
rechtzeitig fliehen. "Verdammt, das ist schon der fünfte Tote, so kann
das nicht weitergehen. Wir müssen noch mehrere Tagesmärsche hinter uns
legen, ehe wir wieder zurückkehren können. Die Vorräte reichen nicht und
die Soldaten sterben wie an einem Stück, mein Gott", Maroff schrie durch
das ganze Lager, während es langsam abgebaut wurde, um wieder weiter zu
marschieren. "So schlimm ist es nicht, Maroff", stammelte Bekat, "die Zahlen
an Toten sind für solche Züge normal." - "Ja vielleicht, aber die Soldaten,
die gestorben sind waren Freunde von uns allen. Wir haben wichtige und
aufrecht Leute verloren, die jetzt in jeder weiteren Schlacht fehlen werden",
antwortete Maroff etwas gereizt. Bekat war ein getreuer Krieger an der
Seite von Maroff, beide hatten sie bisher schon gegen unzählige Clans
von Orks gekämpft, manchmal siegreich, oft aber auch ohne Erfolg.
Die Orks
waren zwar etwas kleiner als Menschen, aber trotzdem sehr stark und stämmig.
Als die Zelte und Verpflegung auf den Pferden gesattelt war, marschierte
die Tregure wieder weiter, jederzeit kampfbereit. Die Orks legten oft
Hinterhalte, die sehr gut geplant waren. Dieser Tag verlief zur Bewunderung
der Soldaten ohne weitere Zwischenfälle ab. Maroff war immer an der Spitze
des kleinen Zuges, bei ihm war stets sein Freund Bekat.
Die Vandorian - II. Erzählung
Das Gebiet, das sie heute durchwanderten kam ihnen etwas verändert vor
im Vergleich zu den vorherigen. "Maroff", flüsterte Bekat ,"ich spüre,
dass hier negative Energien fließen. Es geht schon soweit, dass ich es
fast als Schmerz wahrnehme." - "Du hast Recht. Mache dir aber nicht zu
viele Gedanken, sei lieber konzentriert, sodass du auf alles gefasst bist",
empfahl Maroff seinem Mitstreiter. Der Boden, auf dem sie liefen war
matschig und von Pfützen übersäht. Nicht weit weg von ihnen war ein dunkler
Waldrand zu sehen, der beinahe ganz von Nebel verdeckt war. Anstatt Gras
gab es hier fast nur Moose und bunte Flechten. Maroff wusste in welchem
Gebiet sie waren, es war ein weites Moor, das Vorlugg genannt wurde. Es
entstand aus dem geschmolzenem Eis aus den Bergen von Tikor.
Der Wald Marjhid erstreckte sich von den Sümpfen bis hin zur Baumgrenze der Berge. Er war
groß und sagenumwoben, es kursierten Geschichten von lebenden Bäumen, sonderbaren
menschengroßen Wesen, die keine Orks waren, das versicherten die Leute,
die diese Wesen gesehen hatten. Einmal soll sogar eine gesamte Tregure
einfach verschwunden sein, obwohl ein weiterer Trupp nur wenige Stunden
hinter ihnen marschierte. Die Tregure von Maroff sollte entlang des Waldrandes
ein Patrouille bilden, solange bis der Wald sich im Norden etwas lichtete.
Dort sollten sie für einige Tage ein befestigtes Lager aufbauen, um nach
dem Feind Ausschau zu halten. Maroff erwartete keine sonderbaren Dinge,
trotz der vielen Gerüchte. Dennoch hatte er Zweifel und Ängste. Während
er ging pfiff er oft ein Lied aus seiner Heimat Langadon, um sich nicht
so verlassen zu fühlen, denn er hatte immerhin das Leben von fünfzig
Mann zu tragen. Fünf Krieger hatte er schon verloren und es würden noch
bestimmt mehr werden, die Last der Verantwortung drückte ihn immer mehr
zu Boden, zumal er nicht wusste was genau auf sie zukam.
Als er und sein Freund an der Spitze des Zuges des gefährlichen Weges gingen, wurden sie
plötzlich überrascht. Eine Gruppe wilder schreiender Orks stürmte von der Seite und
von Vorne auf sie zu, sie mussten sich hinter Hügeln und gewichtigen Steinen
versteckt haben. Die Angreifer waren relativ groß und gut ausgerüstet,
für die Tregure blieb nur wenig Zeit sich auf die Attacke vorzubereiten.
Bekat war jederzeit auf solch eine Situation gefasst, aus geübter Reaktion
zückte er schnell wie ein Blitz sein Schwert und Schlug aus dem selben
Schwung dem ersten Ork den Kopf ab. Aus dem Rumpf spritzte Blut, der sogleich
zu Boden fiel. Maroff war völlig perplex und wusste nicht wie ihm geschah,
ehe er den Kampf mitbekam. Es ging alles verdammt schnell. "Hey, Maroff
wach auf, die Bastarde greifen uns gerade an. Du wärst fast erschlagen
worden, wenn ich vor dir den Ork nicht geköpft hätte", schrie Bekat mit
einer rauen Stimme während er einem Schwertschlag eines Orks auswich und
diesem gleich danach in den Rücken einhackte. Jetzt war Maroff endlich
aufgewacht, er hielt sein Zweihänder mit gestreckten Armen in die Luft und
stürzte sich ins Gemenge, die gesamte Tregure war nun dabei eine ganze
Reihe Orks abzuschlachten. Es war ein wildes Getobe und lautes Klirren der
Waffen war zu hören, überall Schreie von Menschen und Orks, deren Gliedmaßen
abgetrennt worden waren, oder ein Schwert in den Magen bekommen haben.
Es dauerte nicht lange bis jeder Soldat vom eigenen und Fremden Blut
übergossen war. Nach kurzer Zeit hatte die Tregure alle Orks getötet,
manche Soldaten rannten den letzten Feinden hinterher und erschlugen sie
von hinten.
Die Schlacht war zu Ende, Maroff und Bekat haben das Gemetzel
überlebt, sie riefen die übrigen Soldaten zusammen und zählten nach.
Schließlich war klar, dass 13 Menschen gefallen waren. "Verflucht, die
verdammten Orks, die machen vor Nichts halt, auch wenn sie wissen, dass
sie keine Chance haben. Wir haben 13 Soldaten verloren, das sind zu viele,
wir können nicht weitermarschieren", sagte Maroff während er über die
Leichen stapfte, "Bekat was sagst du zu dieser Sache?" - "Ich denke auch,
dass wir allmählich umkehren sollten, es werden immer mehr Orks. Hier
gibt es weit genug, um uns mit einem Streich auszulöschen." - "Ich schlage
vor, dass wir sofort umkehren, in ein paar Stunden werden wir dann ein
Lager aufschlagen und die Wachen verdreifachen. Es waren bestimmt mehr
Orks hier, als wir die anderen getötet haben", beschloss Maroff.
Er gab die Zeichen umzukehren und die Leichen nach brauchbaren Gegenständen zu durchsuchen.
Die meisten Männer waren vom Kämpfen sehr geschafft, wurden jetzt aber
gezwungen sich im Schnellschritt zurückzuziehen. Das war eine harte
Probe. Als sie liefen wechselten die Soldaten kaum Wörter, da sie immer
noch in Kampfbereitschaft sein mussten, falls ein weiterer Hinterhalt
gelegt wurde. Dazu kam noch, dass die Zelte nun auf weniger Männer verteilt
waren, so wie die gesamte Versorgung und Ausrüstung.
Die Vandorian - III. Erzählung
Die Männer marschierten nun im Schnellritt nach Aryion, wo sie
vor Angriffen sicher waren. Zu ihrer Rechten erstreckten sich kleine Ausläufer
des Tikorgebirges, zu ihrer linken konnte man nun das weite unendliche
Vorluggmoor sehen. Sie gingen jetzt ein wenig bergauf, nach Südwesten.
Der Boden war von den unzähligen Nadelbäumen gezeichnet, das
Wetter war zur Zeit ziemlich schlecht, vor lauter Nebel konnte man kaum noch
etwas erkennen, die Luft war frisch und kühl. Kaum bemerkbar schwand
die Angst der Krieger, da sich seit längerem nichts Besonderes ereignet
hatte. Der große und starke Maroff hatte mit den Wanderungen kein Problem,
seine Mitstreiter aber schon, Bekat und noch ein anderer Soldat waren die
einzigen, die mit Maroff Schritt halten konnten. "Die Luft ist frisch, sie
duftet wunderbar nach Nadelbäumen. Wenn man in die diese ewige Stille hineinhorcht
spürt man die Kraft, die diesen Ort umgibt. Sie ist wirklich schön, diese
einfache uralte Natur, es ist herrlich. Dennoch sollten wir uns
in Acht nehmen, die Idylle trügt. Wir wissen nicht, ob es hier Feinde
wie Orks oder ähnliche Wesen gibt", flüsterte Maroff seinem Gefährten Bekat
zu und brach somit das stundenlange Schweigen der Soldaten und die des Waldes.
"Ja, das ist hier etwas ganz besonderes. Man bekommt einen richtigen
Bezug zur Natur, sowie es uns die Alten und Gelehrten zu Hause immer
gesagt haben. Ich kann mich noch gut daran erinnern, bloß konnte ich diese
alten Lehren nie richtig nachvollziehen", schloss sich Bekat an. Alle beide
mussten sie ein wenig lachen, denn sie hatten gleichzeitig den selben Gedanken.
Es waren die Gedanken ihrer gemeinsamen Kindheit in Lengadon, dort waren
sie in Kator aufgewachsen, einer wunderschönen großen Stadt in den Rhergobergen.
Die anderen Soldaten lockerten sich nun auch ein wenig auf und unterhielten
sich miteinander.
Ganz plötzlich war Stille eingetreten, man
hörte unbekannte Geräusche, sie klangen befremdend und furchterregend.
Beim ersten Krachen zuckten Alle zusammen, griffen sofort zu ihren Schwertern,
sodass Bekat den Kriegern Zurückhaltung einreden musste, um sich jetzt
diszipliniert zu verhalten. Niemand wusste was auf sie zukam. "Bleibt
zusammen, gebt Acht und niemand rennt einfach weg, um sich als falschen
Held zu erweisen", schrie Maroff, um die gespannten und zugleich verängstigten
Soldaten im Zaum zu halten, "Geht langsam und passt auf wo ihr eure Füße
habt." Langsam und behutsam gingen sie nun in den dunklen Wald hinein.
Sie blieben dicht beisammen, jeder hatte jetzt sein Schwert und Schild
in der Hand, falls unangenehme Überraschungen warteten. Die Männer atmeten
so laut, dass man sie auf 20 Fuß hätte hören können. Ohne Vorwarnung kam
ein weiteres schreiendes lautes Ächzen aus der tiefe der Bäume, es klang
wie ein Klageschrei verdammter Seelen. Wieder und immer wieder kam dieses
seltsame Schreien, wobei es stets grausamer wurde, die Soldaten hörten
jetzt ihre klopfenden rasenden Herzen. Ein wildes Pochen, Schweiß und wieder
ein nervenzerfetzendes Zusammenzucken als Reaktion. Langsam bekamen sie
es mit der Angst zu tun, trotzdem drangen sie immer weiter vor. Sie wussten
nicht wieso, aber sie wollten unbedingt wissen was es damit auf sich hatte.
Nun kamen sie näher, so nahe, dass es auf einmal weg war, sie waren jetzt
an der Quelle des Geräusches, aber es war einfach weg, nichts war zu hören.
"Verdammt noch mal, was war das? Was soll das? Was ist es? Hat niemand
auch nur irgendetwas gesehen? Das kann einfach nicht sein. Warum ist es
auf einmal weg, warum ist das Krachen nicht mehr da? Wo ist es hin?",
schrie Khoorun, einer der Soldaten. Er war ein guter Krieger, sehr mutig
und freute sich immer auf einen kleinen Kampf. Diesmal war es aber anders,
er wusste, dass es sich hier um etwas handelte, was für ihn nicht gewöhnlich
war. Er konnte das bevorstehende Desaster spüren, er wusste jetzt, das was
hier läuft, wird kein heilvolles Ende nehmen. "Scheisse, wir müssen weg
von hier , das ist die Ruhe vor dem Angriff! Wenn wir jetzt nicht abhauen,
dann werden einige von uns sterben", prophezeite Khoorun seinen Kameraden, "Das
Ding, was immer es auch ist, wartet nur darauf, dass wir die Aufmerksamkeit
verlieren und dann leichte Beute werden. Haltet Ausschau, ich kann es fühlen,
dass es uns ... Ah, verflucht da ist es, rennt, rennt um euer Leben. Es
hat uns umzingelt." Im selben Augenblick schnappte ein dunkler schleierhafte
Tentakel nach einem Mann, der sogleich in zwei Stücke gerissen wurde. Es
spritzte überall Blut aus seinem Torso, er schrie, jedoch vergebens.
Das Ding schnappte wieder zu, im fernen Dunkel des Waldes konnte man
überall kleine gelbe und rote Lichter sehen. Sie starrten einen direkt an.
Der zweite Mann wurde in die Dunkelheit gerissen, er wurde nie wieder gesehen.
Jetzt bewegte sich der Pulk der Krieger, mit Maroff und Bekat an der Spitze,
gegen die Mauer von unendlich vielen Lichtern. Mit ihren Mighlaschwertern
schlugen sie sich den Weg frei, die Tentakeln schienen leicht verletzbar
zu sein, während sie sich ihren Weg bahnten mussten zahlreiche Verluste
hingenommen werden. Nach einer kurzen Zeit hatten sie sich ihren Pfad
durch die immer wieder zu schnappenden Greifarme geschlagen, sodass
sie jetzt nur noch, so schnell sie konnten, in Richtung Waldrand liefen. Nach
der Attacke schien auch das sonderbare Geistwesen sich zurückzuziehen.
Die Soldaten bewegten sich nun zum Waldrand hin, um einigermaßen in Sicherheit
zu sein. Maroff fragte seine übrig gebliebenen Mann, ob sie gesehen hatten,
wie und wie viele Krieger umgekommen waren. Nach einer kurzen Aufzählung
kam Khoorun auf 12 Soldaten, Zeit um Tote zu bergen blieb nicht. Sie entfernten
sich hastig vom Waldrand, von ehemals 55 Soldaten waren nun 12 übrig geblieben.
Alle anderen waren gestorben, oder auf wundersame Weise verschwunden.
Die Vandorian - IV. Erzählung
Jetzt war die Tregure wieder auf freiem Feld. Die Sümpfe von Vorlugg waren
nicht mehr weit weg, sie kamen dem Meer nun immer näher. Auf der Anhöhe,
auf der sie waren, errichteten sie ein Lager. Es war sehr notdürftig,
reichte jedoch, um nicht zu gewaltige Feinde ab zu wehren. Die Umgebung
war von weiten Wiesen und vereinzelten Bäumen gesäumt, diese Landschaft
endete an den Klippen des Leorlstroms. Nach dem Kampf hatten sie beinahe
keine Zelte mehr, die paar, die übrig blieben wurden in einer ausgehobenen
Grube aufgestellt. Durch die Erde, die für die Senke weichen musste, entstand ein
relativ großer Erdwall, der durch Stämme, Stöcke und Speere verstärkt
wurde.
Die Nacht redeten die Soldaten nur von dem schrecklichen Vorfall,
der sie am Nachmittag ereilte. Zum Glück war es bis Aryion nicht mehr weit,
außerdem war der gesamte Weg bis dorthin nur von weiten Wiesen geprägt.
Es gab also keine Möglichkeit für einen Hinterhalt, oder sonstige Gemeinheiten.
"Wie denkt ihr, ergeht es eigentlich den vielen anderen Treguren, die in
die unentdeckten Gebiete geschickt wurden. Ich hoffe die Taktik, die
Landschaft ausgiebig zu erkunden und von potenziellen Feinden zu befreien,
wird nicht zum Desaster. Wenn es allen anderen Gruppen so ergeht wie uns,
dann hat die Hauptstreitkraft ganz schön viele Krieger verloren. Außerdem
müssen wir uns noch überlegen, wie wir am besten zur Stadt kommen", sagte
Khoorun, der mit Maroff und Bekat zusammen am Lagerfeuer saß, während
vier Leute sich ausruhen konnten. Die anderen mussten Wache halten.
"Du bist echt verrückt Khoorun. Du machst dir über die unwichtigsten Dinge
Gedanken. Es scheint ja fast so als würden dir die vielen Todesopfer
keine Sorgen bereiten. Außerdem brauchen wir nach Aryion nicht mehr lange,
die Wege sind sicher und wir haben noch genügend Proviant bei uns. Falls
wir aber doch noch auf Feinde stoßen sollten sind wir dran, dann schlachten die
uns ab und nicht wir sie. Verstanden? Dass so viele Menschen nur wegen
einem sonderbaren Wesen sterben mussten, das wir anscheinend störten, ist
mir unbegreiflich. Jetzt sind wir sehr verwundbar. Und was war das für ein Tier?
Ich will es wissen", Maroff war wütend, nachdem er das gesagt hatte.
Alle drei starrten in den schwarzblauen Nachthimmel, er war von unzähligen
Sternen übersäht. Sie dachten nach, solange bis Bekat das Schweigen brach: "Wir drei
werden noch einiges miteinander durchmachen. Ich glaube nachdem wir in
Aryion angekommen sind werden wir sofort wieder aufbrechen, neue Abenteuer
erleben, Schlachten schlagen und was weiß Gott noch alles durchstehen.
Wir wären ein richtig gutes Team. Wieso gründen wir nicht so was wie ein
Clan?" - "Ja das ist eine gute Idee, wir brauchen auch einen richtigen
Namen und einen Schwur, oder irgend so etwas", schlug Maroff vor.
So geschah es, dass drei stämmige und große Krieger einen Schwur, dass sie
immer zusammen halten würden, ablegten. Es war ein richtiger Kriegerschwur.
Sie saßen noch ein wenig am Lagerfeuer ehe sie sich ausruhten. Am nächsten
Tag geschah etwas seltsames. Die Soldaten vermissten ihre drei besten
Männer, darunter ihren Anführer, dessen Freund und Wegbegleiter Bekat und Khoorun.
Sie waren einfach verschwunden, niemand sah sie, oder wusste wo sie sein
könnten.
Daraufhin wurde schnell ein neuer Anführer der Gruppe gewählt,
das Lager abgebaut und nach den Vermissten gesucht. Die übrigen Soldaten
waren sehr verunsichert, niemand wusste recht was sie tun sollten. Manche
verbreiteten jetzt schon Schauergeschichten oder spekulierten, dass sie
schon längst tot wären.
Die Unruhe war sehr groß, trieben die
drei ein Spiel oder war ihnen wirklich etwas zugestoßen, wo waren sie jetzt?
Später fiel den Männern, die in der Nacht Wache geschoben hatten,
zum Schrecken der Soldaten ein, dass sie sich an die meiste Zeit nicht erinnern
konnten, es ging einfach nicht. Es war bald klar, dass sie verflucht worden
waren. Ab einem bestimmten Zeitpunkt hörte das Erinnerungsvermögen der
Wachen einfach auf, sie konnten sich erst wieder an das frühe Morgengrauen
erinnern.
Aber die Wachen waren sich sicher, dass sie nicht eingeschlafen
waren, weil sie jetzt noch verdammt müde und nicht ausgeschlafen waren.
Den anderen Kriegern fiel in der Nacht jedoch auch Nichts besonderes auf.
Die Besorgnis und das Misstrauen wurden nun immer größer, irgendetwas
war in der Nacht völlig schief gelaufen. Nur konnte sich eben niemand
an irgendwelche anormalen Dinge erinnern. Nach kurzer Weile bauten die
übrigen Soldaten das Lager ab, sie beschlossen derweilen Maroff, Bekat
und Khoorun zu suchen. Ein Kurier sollte nach Aryion eilen und dort von
dem ungewöhnlichen Vorfall berichten, jetzt zählte die gesamte Tregure
nur noch acht Mann. Der neue Anführer der Gruppe befehligte das kurze
Stück des Waldrandes, das sie entlang gegangen waren, abzusuchen.
Aus Angst,
dass sie wieder Opfer eines Überfalls werden könnten, blieben die Leute
dicht beisammen, die Nerven waren bis zum zerreissen angespannt. Sie
suchten mit ihren Augen die gesamte Umgebung ab, manch Einer versuchte
sogar mit seinem Blick auffällige Stellen in dem Vorluggmoor zu erkennen.
Schon nach kurzer Zeit gab die Tregure jede Hoffnung auf, sie war von
den Strapazen der letzten Tage sehr geschwächt, sodass jeder Schritt schwer
zu spüren war. Die Krieger wagte es nicht den Wald noch einmal zu betreten,
also konnten sie die Vermissten nicht finden, falls diese doch in Marjhid,
dem Wald, waren.
Sie gingen nun wieder in Richtung Süden, direkt nach
Aryion, die Soldaten waren einfach zu schwach, als dass sie noch weiter
hätten suchen können. In den Beinen nahm der Schmerz stetig zu. Bis zur
Stadt war es, zum Glück der Krieger, nicht mehr allzu lange.
Die Vandorian - V. Erzählung
Khoorun lag schlafend auf einer kalten Steinplatte, er hatte dort noch
nicht lange gelegen, als ihn plötzlich ein lauter Schrei aufweckte.
Ihm stockte der Atem, er musste husten und nach Luft schnappen, denn
er hatte einen gewaltigen Schmerz in seiner Brust. Wovon dieser Schmerz
kam hatte Khoorun keinen blasen Schimmer, er sah jedeglich, dass er nur
eine Hose, aber sonst nichts an hatte. Ein großer rot und blau angeschwollener
Fleck überdeckte seine gesamte Brust, es brannte richtig, der Schmerz
war unerträglich. Neben ihm konnte Khoorun seine Mitstreiter liegen sehen,
die schroff an die Wand gelehnt, oder mehr geschmissen wurden. Sie waren
blass im Gesicht und genau so zugerichtet wie er selbst.
"Maroff, Bekat wacht auf, Hey", er schuppste sie, denn Khoorun war auf einmal in große
Unruhe geraten. Er fragte sich wo sie überhaupt waren, darüber hatte er
sich vorhin gar keine Gedanke gemacht, er schien erst jetzt zu realisieren,
dass er in einer gefährlichen Situation war. Währendessen wachte Maroff
und dann Bekat auf, sie mussten wie Khoorun erst stark husten, es dauerte
schließlich eine Weile bis sie zu sich kamen.
"Verdammt was ist hier los?
Wo sind wir?", total geschafft raffte sich Bekat auf, ihm war etwas schwindlig.
Maroff konnte sich immer noch nicht aufrichten. "Weißt du wo wir hier
sind? Seit wann bist du schon wach Khoorun?", fragte Bekat mit einer
verstörten Stimme, er torkelte ein wenig, konnte sich aber aufrecht halten.
"Ich bin auch gerade erst aufgewacht, ich weiß nicht wo wir sind. Ich
hoffe nur es hat nichts mit dem Wesen zu tun, das gestern beinahe unsere gesamte
Tregure getötet hat. Mann, was war das am Vorabend? Orks gibt es hier
keine mehr, etwas anderes könnte ich mir nicht vorstellen", rätselte Khoorun.
Nach einer Weile stand auch endlich Maroff auf den Beinen, sie unterhielten
sich kurz, um klar zu stellen, wie sie aus dem Lager ihrer Gruppe kamen.
Alle drei waren sich am Ende uneins, niemand wusste so recht was hier
eigentlich los war. "Ich habe ein verdammt schlechtes Gefühl, wir sollten
zusehen, dass wir hier rauskommen. Hat niemand von euch schon irgendetwas
entdeckt, oder gehört?", fragte Maroff seine Kameraden, er war jetzt aber
irgendwie viel zu müde, um sofort zu handeln. Die Anderen waren auch total
geschaftt, allen schmerzte die Brust, die bei jedem feuerrot angeschwollen
war.
"Was ist mit unseren Körpern angestellt worden, wer oder was war
das und wo ist unsere Ausrüstung? All die Sachen, die wir bei uns hatten?",
Bekat rätselte in seinen Gedanken, er hatten so wie die Anderen keinen
blassen Schimmer, wo sie waren und was passiert war. Der Raum, in dem
sie waren war kalt und ziemlich dunkel, man konnte kaum richtig sehen.
Die Gruppe suchte nach ihrer Kleidung, sie lag etwas weiter im Gang, der
aus dem Raum führte. "Ist euch schon aufgefallen, dass hier kein Luftzug
ist? Wir sind dann wahrscheinlich irgendwo da, wo der Ausgang oder so
etwa am weitesten entfernt ist. So ein Misst, gehen wir den Gang entlang,
vielleicht führt der an das Tageslicht", so beschloss Maroff, dass seine
Mitstreiter und er sich auf den Weg machten. "Ich will doch hoffen, dass
wir bald hier rauskommen, wir wissen aber nicht, ob wir in den Bergen
sind. Was würden wir dann machen, wenn wir es nicht schaffen?", klagte
Bekat, dem seine ganzen Gliedmaßen schmerzten.
Sie gingen den Weg ins
Ungewisse, doch auf einmal hörten sie Geräusche. Es war jetzt ziemlich
dunkel, sodass sie kaum etwas sehen konnten. Das Krachen kam jedoch immer
näher, es hörte sich so an, als ob mehrere schwer gepanzerte Wesen auf
sie zu rennen würden. Schließlich war es mehr ein unerträgliches dunkles
Scheppern. Der steinige Boden knirschte unter den Füßen dieser Wesen.
Ein heller Fackelschein kam näher und näher, Maroff, Bekat und Khoorun
konnten die Wesen nun erkenn, sie waren ein bisschen größer als sie, in
menschlicher Gestalt und hatten mächtig starke Rüstungen. Die Panzerplatten
waren aus Leder- und Metallteilen zusammengehämmert, die Wesen konnten
die Krieger nicht erkennen. Bekat war der erste von ihnen, der anfing
zu rennen, so schnell er konnte, die anderen waren immer noch wie gelähmt
vor Angst und Erstaunen, doch durch einen lauten heißeren Schrei von Bekat
wurden sie aus ihrem Schock entrissen. Jetzt fingen auch sie an zu laufen,
die Gruppe blieb dicht beisammen, sie waren immer noch total verstört,
sie wussten nicht wie ihnen geschah, sie rannten einfach aus Instinkt.
Nur wegen ihrer großen Angst vor der ungewissen Gefahr.
Die Wesen, die sie verfolgten, waren bösartige Anuren. Ursprünglich waren die Anuren
naturverbundende Wesen, schlechte Geister, allen voran Thul Gijhid, verdarben
jedoch den Großteil dieser Anuren mit negativen Energien. Sie waren entstellt,
die bösen Geister
ließen die Körper ein wenig verändern. Doch vor allem wurde das innere
dieser Anuren verändert. Jetzt lebten sie fern von jedem Tageslicht,
tief in den Bergen von Tikor, so ähnlich wie die Zwerge in dem südlichen
Rhergo. Die Anuren bauten viele tiefe Schächte, in denen sie lebten.
An die Oberfläche kamen sie sehr selten und wenn doch, dann nur bei Nacht.
Was für die Anuren ein großer Vorteil war, ist, dass sie stark magiebegabt
waren. Troztdem benützten sie immer noch Schwerter und Rüstungen, denn
es konnten nicht alle die finstere Magie, die von den schlechten Geistwesen
auf sie übergesprungen war, beherrschen.
Die Gruppe, die Maroff, Bekat
und Khoorun verfolgte, war anscheinend nicht besonders intelligent.
Die drei Gefährten rannten immer noch vor den Anuren weg, die bald mit dem
anstrengendem Laufen aufhörten, denn die Steigung des langen Schachtes
war ziemlich gewaltig. Außerdem konnten die schwerfälligen Anuren nicht
schenll laufen.
"Ich glaube wir haben sie abgehängt. Man, was waren das für Unwesen, die waren
ganz schön groß, aber zum Glück langsam und einigermaßen dumm. Die holen
aber bestimmt Verstärkung", meinte Khoorun, "Wir sollten jetzt schleunigst
hier rauskommen, unsere Kleidung können wir uns dann anziehen." - "Ja,
aber wie kommen wir hier raus?", erwiderte Maroff, Bekat hielt sich aus
dem Gespräch raus, denn er konnte kaum genug Luft schnappen. Der Kriegerclan
ging schnellen Schrittes den grob gehaunen Gang entlang, an dieser Stelle,
an der sie jetzt waren war die Steigung nicht mehr allzu heftig. "Wo
gehen wir jetzt eigentlich hin? Von euch wird sicher niemand wissen
wo der Ausgang ist", keuchte Khoorun während er lief. Von Bekat kam
die Antwort, dass er es eigentlich auch nicht wisse.
Genau in diesem Augenblick kam aus einem kaum erkannbaren Seitengang die rießige
Hand eines Anuren geschnellt. Sie packte Maroff, der an der Spitze rannte.
Er fiel sofort hin, krachte gegen die Wand und schlug auf dem Boden auf.
Er musst kurz aufschreien. Einen Augenblick später kam der rießige Anure aus dem Seitengang
gehüpft und stürmte mit einem grauenhaften Schrei auf Bekat und Khoorun zu. Sie
beide hatten ihre Schwerter nicht am Griff gepackt, weil sie dazu keine Zeit
mehr hatten. Der Anure rammte sie so zu Boden. Es gab einen lauten Knall,
es war der Klang von blankem Metall, das mit einer enormen Wucht zwei
Menschen traf. Da lagen sie nun die drei Gefährten, die noch in der Nacht
zuvor einen stolzen Schwur als Krieger ablegten hatten.
Die Vandorian - VI. Erzählung
Die drei Gefährten wurden wieder in ein tiefer gelegeneres Verlies geschleppt.
Dort war es so dunkel, dass sie kaum mehr etwas sehen konnten. Sie waren
noch eine ganze Weile von dem Angriff des mächtigen Anuren benommen.
Maroff hatte eine schlimme Platzwunde an der Stirn und hatte sich die
rechte Seite seines Körpers stark verletzt. Die anderen Zwei waren mit
schwachen Blassuren davongekommen.
Viel Zeit verging, bis Khoorun das erste
Wort sprach: "Maroff, Bekat, seid ihr schon wieder wach?" - "Ja, das bin
ich", quälte Bekat die Worte aus sich heraus, "Maroff hat es aber übelst
erwischt, der kommt nicht so schnell wieder auf die Beine." Khoorun konnte
sich aufraffen, um Maroff zu helfen. Er sah sich die Wunde seines Freundes
an. "Wir bräuchten Verbandszeug, damit die Wunde besser heilen kann",
sagte Khoorun. In dieser Höhle gab es aber weit und breit keine Hilfsmittel.
Plötzlich kam durch die dicke Holztür ein lautes Geräusch, es waren Anuren,
die sich miteinander unterhielten. Das Gespräch kam immer näher, das
Klappern der Rüstungen war jetzt deutlich zu hören. Quietschend öffnete
sich das Tor, dahinter standen zwei mächtig stolze Krieger mit riesigen
Äxten und Kriegshammern. Die Türe war gerade breit genug, dass die zwei
Anuren hindurch passten.
Maroff, Bekat und Khoorun drängten sich in eine Ecke
des Verlieses, doch sie waren viel zu schwach, als dass sie jetzt hätten
kämpfen können. Einer der zwei Krieger packte Maroff und Bekat
an den Armen, der andere Anure, der etwas kleiner war, schleppte Khoorun
aus der Kammer. Alle drei Gefährten schrien und werten sich heftig, doch
vergebens, die Anuren waren zu stark. Als sie draußen auf dem feucht nassen
engen Gang waren wurden sie von den Anuren aufgefordert selber zu gehen.
Der größere Krieger ging hinter den drei Gefährten, der kleinere Anure
vor ihnen. Maroff konnte sich fast nicht selber halten, er schwankte hin
und her, doch Khoorun war im Stande ihm zu helfen.
Die Fackeln der Anuren
warfen einen gespenstischen Schein gegen die kargen unbehaunen Steinwände.
"Verdammt, was haben die mit uns vor. Wir können froh sein, wenn wir hier
noch lebend rauskommen", flüsterte Bekat seinen Kameraden in einem grimmigen
Ton zu. Der stämmige große Anurenkrieger hinter ihnen schuppste Bekat
daraufhin und brummte irgendetwas in ihrer Sprache. Der Marsch war einerseits
durch das Gefälle erleichtert, doch die stickige Luft macht Maroff besonders
zu schaffen.
"Hoffentlich gehen wir nicht zu weit in den Berg hinein.
Was ist, wenn Maroff, oder wir drei es nicht schaffen? Und was haben diese
Monster mit uns vor?", Khoorun schwirrten diese und noch viel mehr Gedanken
in seinem Kopf. Mit einem verängstigendem Blick spähte er in die nahe
Zukunft und malte sich allerlei Dinge aus, was die Anuren mit ihnen anstellen
würden. Hin und wieder wechselten die zwei Anuren ein paar Worte, sie
konnten von den drei Gefährten jedoch nicht verstanden werden. Nach einem
längerem Marsch machten sie plötzlich halt.
Vor ihnen war nichts, auf
einmal war der Gang zu Ende. Es gab keine Seitengänge, einfach nichts.
Nur nackter unbehauner Stein trotze ihren verwunderten und angsterfüllten
Blicken entgegen. Kurze Zeit rührte sich nichts, es war jetzt ganz still,
aber es kam Bekat so vor, als dass er in kurzen Abständen immer wieder
ein kleinen Windzug hören würde. Unerwartet schallte plötzlich ein knapper
tiefer Laut des vorderen Anuren durch den Gang. Es gab ein kurzes Knirschen,
ein heftiges Rütteln und das vermeintliche Ende, der unbehaune Stein,
bewegte sich. Es war ein kleines Tür. Der Anure stämmte sich mit aller Kraft gegen das Steintor.
Und es klappte nach innen, der Krieger schien erst noch ein kurzes Gebet
in Gedanken zu sprechen, ehe er die rießige reich verzierte Halle betrat.
Trotz der misslichen Lage bekamen die drei Gefährten ihren Mund vor Staunen
nicht mehr zu. Vor ihnen eröffnete sich eine mit ringsum großen mächtigen
Säulen gestützte Halle. Zwischen jeder zweite Säule standen überdimensionale
Metallschalen, die als Fackeln dienten. Der Boden, die Säulen und die
Wand waren voll von eingeritzten Mustern, die unglaubliche Schlachtenszenen,
Kriege und Opferungen darstellten. Der gesamte Raum war ein großer Kreis.
Nach den Säulen bahnte sich ein unendlich tiefer Graben, der ein schwaches
rotes Schimmern ausspuckte, in das Erdinnere.
Eine imposante Brücke aus
schwarzem Stein bereitete den Weg in die Mitte der rießigen Halle.
Dort war ein Altar, ringsum standen Anurenpriester, das war die erste
größere Ansammlung von diesen Wesen, die die Kriegergefährten gesehen
hatten. Die zwei Kriegeranuren führten sie langsam über die Brücke, während
Maroff, Bekat und Khoorun die rießige Halle bestaunten. Die meisten Bauelemnte
waren aus dunklem schwarzen Stein, der stellenweiße glatt zugeschliffen
war. Die Decke der Halle war nicht zu sehen, nach oben hin weiteten sich
tiefe schwarze Schatten aus. Überhaupt war der gesamte Raum nur durch
das satte, gewaltige Schimmern der Fackeln und des Lichtes aus dem unendlich
tiefen Graben erleuchtet. Die gesamte Atmosphäre wirkte sehr düster und
furchteinflösend, aber irgendwie auch bewältigend.
Die drei Gefährten
überschritten jetzt die Brücke, sie kamen dem Altar immer näher, als
sie auf einem Blick hin ein kaltes Schauern über ihren Rücken lief. Bekat
erkannte es als erster, da waren noch mehr Menschen, sie waren nicht die
einzigen Opfer von Entführungen geworden. Die anderen Soldaten waren noch weit mehr
und schlimmer zugerichtet als sie drei selber. Die meisten der anderen
Menschen hatten am gesamten Körper Schnittwunden, waren in Schweiss gebadet
und zitterten am ganzen Leibe. Khoorun, Maroff und Bekat dagegen waren
zu gut behandelt worden.
"Verdammt, die haben noch weit mehr als uns.
Da kann man nicht davon sprechen, dass uns diese Monster geschunden
haben. Das ist abartig und brutal. Warum haben sie uns nicht so verletzt?",
stotterte Bekat zu seinen Mitstreitern. Die drei Gefährten fühlten sich
jedoch aus irgendwelchen Gründen nicht so bedroht, wie vielleicht die
anderen gefangenen Soldaten. Khoorun konnte richtig spüren, dass eine
höhere Macht sie beschützen würde, er dachte genauso wie Bekat und Maroff
in diesem Moment. "Habt ihr auch so ein komisches Gefühl, wie wenn euch
etwas weit aus größeres und mächtigeres beschützen würde?", fragte Khoorun.
"Ja, das habe ich auch. Möge Xanjene uns beschützen", erwiderte Bekat
in einer hastigen und dennoch angsterfüllten Stimme. Maroff konnte nicht
mehr rechtzeitig antworten, denn er war der erste von ihnen, der wie
die anderen Soldaten kniend in eine leichte Senke rund um den Altar
gezwengt wurde.
Hinter ihm stand der kleinere Kriegeranure, der die Pforte
des Saales geöffnet hatte. Er zog langsam die große Axt aus der Halterung
an seinem Rücken uns setzte sie an den Hals. So wurde es mit allen Gefangenen
gemacht, alle knieten rings um den Altar. Die Priester, die bis jetzt
nur regungslos stehend vor sich hin gemurmelt hatten, begannen nun in
ihrer Sprache den Gott Thul Gijhid anzubeten. Anscheinend hatten die
Anurenpriester vor dieses uralte böse Geistwesen zu beschwören, man konnte
es kaum übersehen, dass dieses Ritual ein ganz besonderes war. Die Kleidung
der meisten Anuren war sehr aufwendig gestaltet, die Stoffe waren
reich mit verschnörkelten Mustern verziert und bestickt. Die Priester
hatten lange Roben und mächtige aufwendig geschnitzte Magierstäbe.
Das Anbeten der Magier ging in einen rhythmischen Sprechgesang über, bis
er immer lauter und tiefer wurde. Schließlich hielten sie ihre Zauberstäbe
in die Höhe und zeigten damit auf den Altar. Aus den grün glühenden Enden
der Stäbe kamen nun Blitze geschossen, sie vereinigten sich über der
Mitte des Altars und bildeten eine hell leuchtende Kugel aus der Energie
der Anurenmagier. Der gesamte Raum begann seltsamerweiße zu vibrieren,
das Rütteln wurde immer heftiger und die Manakugel wurde heller und kräftiger.
Plötzlich tauchte wie aus dem Nichts ein gewaltiges Portal auf, dass hinter
dem Altar war. Anfangs war es dunkel und nicht beleuchtet, doch auf einmal
begann es auch in diesem imposanten Grün zu leuchten.
Der Rand des Portals war ovalförmig, in der Fläche dazwischen konnten Maroff, Bekat und Khoorun
eine graue leicht wabernde Textur erkennen. Jetzt sprachen die Zauberer
wieder deutliche Wörter, die gesamte Spannung in der Halle war zum zerreisen.
Alle starrten gespannt auf das Portal, die Menschen und die Anuren zugleich.
Khoorun erkannte, wie die Oberfläche des eigentlichen Portals unerwartet
kleine Wellen schlug. Ehe die drei Gefährten das Geschehen überblicken
konnten hörten sie plötzlich aus der Stille den Klageschrei eines Menschen,
dem gerade der Kopf abgetrennt wurde. Beim ersten Hieb kam der Anure
mit seinem Schwert jedoch nichtdurch den Hals, also holte er noch ein
zweites mal zum Schlag aus.
Die Reihe der knienenden Menschen bildete eine Halbkreis um den Altar,
Bekat, Maroff und Khoorun waren ganz am Ende. Schließlich mussten sie
ansehen, wie den anderen Soldaten die Köpfe abgeschlagen wurden. Hinter
jedem Menschen stand ein Anurenkrieger, sowie bei den drei Gefährten.
Bald waren sie dran, jeder von ihnen begriff erst jetzt, dass dieses
Ritual eine Menschenopferung war. Alle drei bekamen nun heftige Todesangst
und fingen an vor Furcht vor dem Tode zu zittern. Khoorun war der einzige,
der es schaffte noch ein Gebet zu sprechen, ehe ihn das Zeitliche segnen
würde. Die Enthauptungen kamen immer näher, bis nun der Soldat links von
Maroff geköpft wurde, jetzt war er selber dran. Maroff kniff seine Augen
zusammen und wartete ab, bis die Sache geschehen war.
Die Vandorian - VII. Erzählung
Die Anurenpriester sangen sich immer mehr in Trance, bündelten ihre
Energien, um Thul Gijhid, ihren Gott, zu beschwören. Die Spannung in
der riesigen dunklen Halle hatten für Maroff nun ihren Höhepunkt erreicht.
Maroffs Augen waren geschlossen und in seinem Inneren lief sein gesamtes
bisheriges Leben noch einmal ab, als plötzlich der Anführer der Anurenmagier
zusammenbrach. Er schrie, lag am Boden, windete sich und hielt sich
mit seinen Händen am Kopf. Der Anurenkrieger hinter Maroff hielt inne,
er betrachtete, wie alle anderen Priester mit einem dumpfen Schlag zu
Boden fielen.
Der Krieger ließ vor Schreck und Angst das Schwert fallen, Maroff öffnete seine
Augen wieder. Er wagte sich jetzt nicht vom Fleck, bereitete sich aber
innerlich darauf vor die Situation zu seinen Gunsten und seiner Mitstreiter
zu nutzen. Die Anuren waren wie gelähmt, alle starrten sie in die Mitte
auf den Altar. Doch auf einmal kam ohne Vorwarnung ein Blitz, so hell
wie die Sonne, aus dem Portal, und die gesamte Halle wurde von Licht
überflutet. Das alles geschah innerhalb von wenigen Augenblicken und
niemand war diesem Geschehnis gewachsen, niemand konnte unter diesem
Schock schnell genug reagieren. Die drei Gefährten knieten da und kniffen
ihre Augen so fest zusammen, wie es nur möglich war. Das Licht war so
hell, dass es das menschliche Augen erblinden ließ.
Doch man konnte in der kurzen knappen Stille hören, wie lange schlanke glatte
und blitzschnelle Greifarme aus dem Portal, der Quelle des Lichtes,
daherschossen und sich um die Körper der restlichen Anuren rankten und
sie durchtrennten. Stille, hier und da noch ein kläglicher Schrei, jetzt
war es soweit. Khoorun sah es als erster, da kam es donnernd aus dem
Portal, ein schwarzer mit dunklem Licht umhüllter dürrer Fuß, an manchen Stellen
ragten scharfe Spitzen heraus. Nun kam das gesamte Bein zum Vorschein,
an manchen Stellen konnte man die Knochen des Wesens sehen.
Mit einem kräftigen Schwung schoss der lange muskulöse Arm aus der grauen
Oberfläche des Portals.
Nun stand vor Bekat, Maroff und Khoorun einer
der wenigen bösen schlechten Urgötter der gesamten Welt, es war Thul
Gijhid. Dieses Wesen hauste seit Anbeginn der Erde in den Wäldern von
Marjhid, er sammelte viele böse gesinnten Kreaturen um sich. Oder er
bekehrte gutwillige Lebewesen, wie die Anuren, zum Bösen. Thul Gijhid
war ursprünglich ein Geistwesen, doch durch die Beschwörung der Anuren
und mit Hilfe des Portals bekam er einen Körper. Die gesamte schlechte
Energie dieses Gottes der Anuren wurde nun materialisiert. Der Geist
hatte jetzt also einen Körper, um komplett in der weltlichen
Bewusstseinsebene zu weilen. Thul Gijhid war es nun möglich mit körperlicher
Gewalt noch mehr Unheil anzurichten.
"Rennt Freunde, rennt um euer Leben", schrie
Khoorun und seine gelähmten Knie rissen sich aus der Bewegungslosigkeit
der Erschöpfung und des Staunens. Die drei Gefährten rafften sich in
großer Eile auf, während sich Thul Gijhid aus dem Portal räkelte. Um
nicht auch noch zum Opfer zu werden rannten Maroff, wieder an der Spitze,
und seine getreuen Krieger, so schnell sie nur konnten, aus der Halle.
Hastig zwängten sie sich durch das kleine steinerne Tor und liefen
schweren Atems den schmalen Gang bergauf, den sie vor kurzer und doch
so langer Zeit heruntergetrieben wurden.
Die Vandorian - VIII. Erzählung
Die drei Kriegergefährten rannten jetzt an dem Verließ vorbei, in dem
sie vorher noch gefangen waren. "Seht, dort liegt noch unsere Kleidung
und die gesamte restliche Ausrüstung", bemerkte Bekat, danach musste
er sich erst auf seine Knie stützen, so erschöpft war er. Die Krieger
zogen sich hastig ihre Rüstungen über und sammelten in der Hektik Alles
ein, was sie auf dem Boden noch erkennen konnten.
Danach liefen sie
gleich wieder weiter, immer noch bergauf. In der Zeit, während Bekat,
Maroff und Khoorun aus den dunklen Schächten flüchteten hörten sie die
lauten grässlichen Schrei des Dämons, der in dem Ritual herbeigerufen
wurde.
Doch jedesmal wenn Maroff die Geräusche hörte, fragte er sich,
warum Thul Gijhid nur die Anuren und nicht auch sie getötet hatte. Die
drei Gefährten waren die einzigen, die lebend aus der Halle kamen, nachdem
der böse Geist beschworen wurde. Als sie immer noch laufend den Ausgang
suchten fragte Khoorun auf einmal: "Ich habe doch vor den Opferungen noch
gesagt, dass ich fühlte, wie ein höhere Macht uns beschützen würde.
Und ihr habt erwidert, euch ginge es genau so." - "Ja, das kam mir auch
gerade in den Sinn. Wir wurden tatsächlich beschützt, durch eine höhere
Macht wahrscheinlich, oder es war auch einfach nur Zufall. Wir werden
es vielleicht nie erfahren, trotzdem sollten wir dankbar sein", sagte
Maroff. Bekat stimmte den Gedanken zu und meinte, dass sie auf jeden
Fall ein verdammt gutes Glück hatten zu überleben.
Maroff, der an der den anderen etwas voraus ging spürte in seinen Augen
wieder ein klaren kühlen Luftzug, er wurde immer stärker. "Ich glaube
hier muss ganz in der Nähe der Ausgang sein. Ich spüre einen Windzug,
ihr auch?", fragte Maroff seine Mitstreiter, die ihn bestätigten.
Nach kurzer Zeit hatten sie es endlich geschafft, vor ihnen lag noch
eine winziger Abschnitt.
Dahinter schoss ein kräftiger Lichtstrahl durch
die Öffnung und erfüllte den Gang mit Sonnenlicht. Die drei Krieger
wurden geblendet und mussten sich erst wieder an das grelle schöne
Licht des Tages gewöhnen. Das Wetter war ungewöhnlich klar und trocken,
was in der Region um das Vorluggmoor sehr selten war.
Total erschöpft quälten sich die drei Krieger durch die in grob in Stein
gehaune Öffnung. "Endlich, wir haben es geschafft. Wir haben es endgültig
geschafft, wir sind draußen aus diesen bösen Schächten", pries Khoorun
mit seinen Händen zum Himmel. Maroff und Bekat legten sich auf den
Boden gegen die steinernen Wände des Berges und genossen das wohltuende
Sonnenlicht. Maroff spürte nach dem langen Lauf wieder seine gesamte
rechte Körperhälfte schmerzen, manche Stellen waren blau angeschwollen.
"Maroff, schaffst du es noch mit dieser Wunde bis nach Aryion? Sollten
wir dich wenigstens bis zum Vorluggmoor stützen?", fragte Khoorun seinen
Freund und schaute sich gleichzeitig die Wunden an. "Hey Bekat, ich
glaube wir sollten ihn den erschwerlichen Weg bis zum Fuße des Berges
tragen. Wahrscheinlich würden in die holprige Pfade ziemlich schwächen",
sagte Khoorun. "Ja, du hast Recht. Ich werde dir helfen soweit ich dazu
fähig bin", brachte Bekat mit einer geschafften Stimme hervor, "Ich
muss erst eine Weile hier liegen bleiben und mich ausruhen."
Die drei Gefährten gingen noch kurzen Marsches in den nahe liegenden
Wald. Den ganzen Nachmittag über ruhten sie sich im Schutze des Schattens
noch aus. Der Wald war von den vielen Nadelbäumen und dichten Moosflechten
am Boden gezeichnet, ganz in der Nähe bahnte sich ein Bach seinen Weg,
der weiter oben in den Bergen seinen Ursprung hatte.
Fortsetzung folgt ...
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